Lee J. teil 1

Zeitlupe. Wie in Zeitlupe schwebt das Glas aus seiner Hand, auf mich zu. Ganz langsam, ganz zärtlich, irgendwie vollkommen fühlt sich gerade alles an. Dann-

Der Schwung des Glases zieht mich mit nach unten, ich krache auf den Boden, mein Kopf schlägt auf, neben ihm das Glas. Es wird kurz dunkel. Schwarze Schmerzenswellen schwappen über mich, über meinen Kopf hinweg und ziehen mich nach unten. Mir wird übel, als ich den Geruch von Blut wahrnehme.

"Lee?" Während ich rede spüre ich Blut an meinem Kinn entlanglaufen. Meine Sicht ist unscharf, ich kann kaum noch seinen Umriss erkennen. Er schreit, irgendwelche Worte, und obwohl ich sie nicht ganz verstehe, tun sie mir unglaublich weh. Ich weiß nicht mal mehr, weswegen wir uns gestritten hatten. Schritte, die ich wahrnehme, aggressive Laute, die ein Pochen in meinem Kopf auslösen.  Das nächste, was ich spüre, ist ein harter Schlag in mein Gesicht. Mittlerweile bin ich nur ein Pochen, ein Vibrieren aus Schmerz. Ein Tritt in meinen Magen, ich krümme mich erbärmlich, rolle mich auf dem Fußboden zusammen. Plötzlich ist da diese Angst, diese kalte Angst die mich benebelt. 

Angst, ich weiß nicht wovor, aber solche Angst, Angst Angst Angst Angst Angst.  Ich ziehe mich langsam an der Heizung hinter mir hoch, erwarte die nächsten Schmerzen, aber sie kommen nicht. Verwundert lasse ich mich vorsichtig wieder auf den Boden nieder und ziehe meine Knie an. Alles rot, alles voller Blut. Nach einiger Zeit ebbt die Betäubung der Schmerzen und der Angst ab, ich spüre nur noch das Pochen überall. Und höre ein Schluchzen. Es braucht eine Weile, bis ich merke, das es nicht ich bin, die schluchzt. "Lee?", flüstere ich in den Raum hinein. In der Ecke links neben dem Klavier sehe ich seinen Körper, zusammengerollt, vibrierend vor Schluchzern, und in mir zieht sich etwas zusammen. "Nein", flüstere ich, "Nein, es ist alles okay, mir gehts gut." 

Auf allen Vieren krieche ich zu ihm rüber und berühre ihn vorsichtig an der Schulter. Das Wimmern wird lauter. Schließlich lehne ich mich an die Wand und ziehe seinen Kopf in meinen Schoß, streiche immer wieder vorsichtig über sein Haar, ich merke das er selber blutet, weiß nicht warum. "Es ist alles gut", flüstere ich, "Alles gut."

2 Kommentare:

  1. ich möchte dir diese erinnerung
    aus deinen kopf löschen
    und sie mit sonnigen und warmen momenten austauschen.
    du verdienst
    so ein dunklenes und blutiges grauen nicht.

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  2. Ich kenn das alles viel zu gut und weiß wie das ist.
    Aber ich hoffe das es für dich irgendwann irgendwie besser wird.
    Ich hoffe du weißt was ich meine.

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